Und warum manche zu dem werden, was sie eigentlich bekämpfen, wollten
Linke Gewalt war lange ein Randphänomen, das meist im Schatten rechtsextremer Vorfälle stand. Doch in den letzten Jahren wird sie sichtbarer: Angriffe auf Parteibüros, Straßenschlachten bei Demonstrationen, Übergriffe auf politische Gegner, Sabotageaktionen oder „militante Antifaschismus“-Gruppen, die ihre Mittel immer weiter radikalisieren.
Ein schwieriges Thema - denn wer es anspricht, wird schnell in ideologische Schubladen gesteckt. Doch genau diese Berührungsangst macht eine ehrliche Analyse nur umso wichtiger.
Woher kommt die Zunahme linker Gewalt?
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Ein Gefühl moralischer Überlegenheit
Viele radikal Linke sehen ihre Ideologie nicht als eine mögliche Wahrheit, sondern als moralisch alternativlos.
Sie kämpfen gegen Rassismus, Faschismus, Sexismus - zweifellos wichtige Ziele.
Doch aus „Wir sind die Guten“ kann eine gefährliche Logik entstehen:
Der Zweck heiligt die Mittel.
Wenn der Gegner „böse“ ist, ist Gewalt legitim.
Demokratische Prozesse sind zu langsam- also muss man „direkt handeln“.
Dieser moralische Absolutismus gleicht bereits dem Verhalten jener Gruppen, die man eigentlich bekämpfen möchte.
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Polarisierung und die Radikalisierung im Netz
Durch soziale Medien bilden sich Echokammern, in denen politische Lager keine Widersprüche mehr hören - nur noch Bestätigung.
- Wer moderater ist, wird zum „Verräter“.
- Wer radikaler ist, gewinnt Anerkennung.
- Die Grenze zwischen Aktivismus und Fanatismus verschwimmt.
Die radikale Linke ist dafür nicht einzigartig - aber sie ist genauso anfällig wie jede andere Ideologie.
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Staatliche und mediale Wahrnehmungsblindheit
Ein weiterer Faktor: Doppelte Standards.
Linke Gewalt wird oft verharmlost, weil sie sich gegen „die Richtigen“ richtet:
- „Nur Sachbeschädigung“
- „Verständlicher Protest“
- „Reaktion auf rechte Provokationen“
Im Gegensatz dazu wird rechte Gewalt gesellschaftlich, politisch und medial viel stärker geächtet - was zwar nachvollziehbar ist, aber ungewollt blinde Flecken schafft.
Was nicht klar benannt wird, kann ungestört wachsen.
Und: Wer merkt, dass sein Verhalten kaum Konsequenzen hat, radikalisiert sich weiter.
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Gruppenidentität und Feindbilder
Jede radikale Bewegung braucht einen Feind.
Doch wenn der Feind nicht groß genug ist, wird er konstruiert oder verallgemeinert:
„Alle Konservativen sind Faschisten.“
„Wer nicht links ist, ist rechts.“
„Neutralität ist Komplizenschaft.“
Diese Feindbildlogik führt unweigerlich dazu, dass man selbst zunehmend intolerant wird - obwohl man Toleranz predigt.
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Warum viele radikale Linke zu dem werden, was sie bekämpfen, wollten
Eine der bittersten Ironien politischer Geschichte:
Bewegungen, die für Freiheit, Gleichheit oder Gerechtigkeit kämpfen, rutschen häufig in autoritäres Denken ab.
Warum?
- Weil extreme Überzeugung zur Entmenschlichung des Gegners führt.
Wenn der Gegner kein Mensch mehr ist, sondern ein „Faschist“, ein „Systemling“ oder eine „Bedrohung“, wird Gewalt legitim.
- Weil Macht – auch die moralische - korrumpiert.
Wer glaubt, moralisch unfehlbar zu sein, verliert jedes Korrektiv.
- Weil Wut eine Identität stiftet.
Viele Aktivisten definieren sich stärker über den Kampf gegen etwas, statt über Ziele für etwas.
- Weil Radikalismus eine Eigendynamik entwickelt.
Wer einmal beginnt, die Grenzen zu überschreiten, braucht beim nächsten Mal stärkere Mittel, um Aufmerksamkeit, Zugehörigkeit oder Wirkung zu erzeugen.
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Was können wir als Gesellschaft tun?
1. Linke Gewalt benennen - ohne Relativierungen
Sie muss genauso ernst genommen werden wie rechte oder religiöse Gewalt.
- Doppelstandards abbauen
Moralische Ziele rechtfertigen keine unmoralischen Mittel. Punkt.
- Politische Bildung stärken
Viele junge Aktivisten radikalisieren sich ohne fundiertes Wissen über Demokratie, Rechtsstaat und Gewaltenteilung.
- Debatten zulassen
Wenn Meinungen tabuisiert werden, radikalisieren sich Menschen im Untergrund.
- Grenzziehungen klar kommunizieren
Es braucht eine gesellschaftliche Einigung darauf, dass Gewalt nie akzeptabel ist - egal aus welchem Lager.
Fazit: Wer blind kämpft, bekämpft irgendwann sich selbst
Linke Gewalt ist kein spontanes Phänomen, sondern das Ergebnis moralischer Überhöhung, gesellschaftlicher Blindstellen und einer politischen Kultur, die immer stärker polarisiert.
Und genau darin liegt die große Tragik:
Viele radikale Linke beginnen als Idealisten - und enden als Spiegelbild jener Kräfte, gegen die sie einst angetreten sind.
Nur wenn wir das offen aussprechen, können wir verhindern, dass sich die Spirale weiterdreht.
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