Das unsichtbare Weiterleben mit der Vergangenheit
Ein Trauma hört nicht einfach auf, wenn das eigentliche Ereignis vorbei ist. Ob durch Missbrauch in der Kindheit, einen plötzlichen Verlust oder andere tiefe Verletzungen – die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist für viele Betroffene eine stille Realität, die kaum jemand sieht.
Warum ist PTBS so schwer greifbar?
Viele Menschen verbinden PTBS automatisch mit Kriegserlebnissen von Soldaten. Doch auch der Tod eines geliebten Menschen, emotionaler oder sexueller Missbrauch sowie andere Gewalterfahrungen können dazu führen.
Das Problem: Die Verletzungen sind unsichtbar. Betroffene wirken nach außen oft „funktional“, während ihr Inneres von Flashbacks, Schuldgefühlen oder Angstattacken dominiert wird.
Die Perspektive der Betroffenen
Menschen mit PTBS berichten häufig von:
- Flashbacks – das Gefühl, das Trauma erneut zu durchleben.
- Schlafstörungen und Albträume – die Nacht wird zur Bedrohung.
- Hypervigilanz – ständige innere Alarmbereitschaft, die den Alltag erschwert.
- Vermeidung – Orte, Menschen oder Situationen, die Erinnerungen wecken, werden gemieden.
- Gefühl von Schuld und Scham – viele fragen sich: „Warum gerade ich?“
Besonders nach Missbrauch tragen Betroffene oft ein falsches Schuldgefühl mit sich, das sie zusätzlich isoliert.
Familie und Freunde – der schwierige Blick von außen
Angehörige stehen häufig ratlos daneben. Sie sehen einen Menschen, der scheinbar grundlos in Panik verfällt, der Nähe ablehnt oder sich zurückzieht.
Fragen wie „Warum kannst du das nicht einfach hinter dir lassen?“ verletzen mehr, als dass sie helfen. Hier zeigt sich, wie sehr es an gesellschaftlichem Verständnis für die langfristigen Folgen von Traumata fehlt.
Gesellschaftliche Blindstellen
PTBS bleibt oft ein Tabuthema, weil:
- Trauma mit Schwäche verwechselt wird – „andere schaffen das doch auch“.
- Opfer Schuld zugeschoben wird – besonders bei Missbrauch oder häuslicher Gewalt.
- Fehlende Hilfsangebote – Wartelisten für Therapieplätze sind lang, spezialisierte Angebote rar.
Wege zur Unterstützung
- Psychotherapie – insbesondere Traumatherapie (z. B. EMDR oder Verhaltenstherapie) hilft, Erinnerungen neu zu verarbeiten.
- Selbsthilfegruppen – der Austausch mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben, gibt Halt.
- Aufklärung – je mehr über PTBS gesprochen wird, desto geringer die Stigmatisierung.
- Geduld und Empathie – von Angehörigen, Kollegen und der Gesellschaft insgesamt.
Fazit:
PTBS nach Verlust oder Missbrauch ist eine unsichtbare Wunde, die das Leben lange prägt. Doch Schweigen macht alles schlimmer. Nur wenn wir anfangen, darüber zu reden, Betroffene ernst zu nehmen und Strukturen zu schaffen, die echte Hilfe ermöglichen, kann Heilung beginnen.
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